Ist genug Kerosin an Bord? Sind die Klappen richtig eingestellt? Vor jedem Flug gehen Piloten im Cockpit die wichtigsten Fragen durch. Nun soll das Checklisten-Modell auf OP-Säle übertragen werden, um Behandlungsfehler zu vermeiden.
Von Heinz-Roger Dohms, tagesschau.de

Der Springer gehört, das kann man so sagen, zu den weniger beachteten Berufen - nicht mal ein eigener Wikipedia-Eintrag ist ihm gewidmet. Wer ab und an mal eine Arztserie im Fernsehen schaut, hat aber immerhin ein grobes Bild davon, was der Springer (genau genommen meist: die Springerin) so macht: Sie schafft die Instrumente herbei, hilft dem Chefarzt in seinen grünen OP-Mantel, packt später die Gewebeproben ab - und hält ansonsten den Mund.

Soweit das Klischee. In der Realität führt die Springerin seit ein paar Jahren bei jeder Operation das Wort. Jedenfalls im Klinikum Region Hannover. Und jedenfalls für zwei Minuten. Jeder im Raum muss ihr Rede und Antwort stehen. Seit Mai 2011 haben die Niedersachsen, zunächst in der Unfallchirurgie, inzwischen aber in sämtlichen Abteilungen, das sogenannte Checklisten-Modell eingeführt.

Die Idee stammt aus der Luftfahrt, genauer: aus dem Cockpit, wo der Kapitän und sein Co-Pilot seit Jahrzehnten vor dem Start, der Landung und wichtigen Flugmanövern noch einmal die wichtigsten Fragen durchgehen: Ist genug Kerosin an Bord? Ist die automatische Bremsvorrichtung aktiviert? Solche Sachen. Die meisten Piloten kennen die Listen längst auswendig. Trotzdem sollen sie die Punkte jedes mal wieder aufs Neue ablesen. Werden sie bei der Prozedur unterbrochen, sollen sie von vorne anfangen. Lächerlich? Nein, lebensrettend, sagen Piloten.

In der Medizin sorgten die Checklisten erstmals 2009 für Aufsehen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO probierte das Verfahren damals in einer Testphase in sieben Krankenhäusern rund um den Erdball aus. Ergebnis: Mit der Liste kamen ein Drittel weniger Patienten zu Schaden als ohne. Die Zahl der größeren Komplikationen lag bei sieben statt elf Prozent, die Zahl der Todesfälle sank von 1,5 Prozent auf 0,8 Prozent. In den westlichen Krankenhäusern mit ihren ohnehin vergleichsweise hohen Standards war der Effekt kaum schwächer als anderswo.

Zum Weiterlesen >> http://www.tagesschau.de/inland/patientensicherheit100.html